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Earth and Technology

12.01.2021 | Story

„Die Globalisierung geht in ihre nächste Phase“

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Der Wirtschaftswissenschaftler und Handelsexperte Harry G. Broadman ist überzeugt, dass die Pandemie nicht das Rad der Globalisierung zurückdrehen wird. Ein Interview über vernetzten Welthandel, kulturelle Veränderungen und emotionale Reaktionen.

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Harry Broadman, ist Globalisierung ein viel älteres Phänomen, als wir glauben?

Dr. Harry G. Broadman: Das kommt ein bisschen darauf an, wie Sie „Globalisierung“ definieren. Aus historischer Sicht ist Globalisierung nicht neu. Man könnte das, was wir aktuell sehen, sogar Globalisierung 4.0 nennen. Der Austausch von Waren und Dienstleistungen weltweit existiert seit mehr als zwei Jahrhunderten. Wir sehen aber aktuell eine neue Phase, aufgrund der Pandemie und anderer Faktoren – demografischen, technologischen, politischen. Die Globalisierung von heute ist gleichzeitig komplexer und subtiler geworden.

Wie meinen Sie das?

Nun, die Weltwirtschaft des 21. Jahrhunderts hat sich verändert. Sie ist gereift. Das macht es komplexer, weil die Lieferketten mancher Produkte unglaublich lang sind und mehrstufig dazu. Selbst unter den scheinbar einfachsten Gütern finden wir solche, die Komponenten aus Brasilien und anschließend aus Thailand brauchen, um dann in China fertiggestellt zu werden, bevor sie als Endprodukt auf dem europäischen oder amerikanischen Markt landen. In früheren Zeiten globalisierter Weltwirtschaft hatten wir nie solch eine komplizierte Diversifizierung.

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Wir bekommen den Geist nicht mehr in die Flasche

Wie uns die Pandemie 2020 vor Augen geführt hat …

Richtig, wir haben erlebt, wie Manager und Verbraucher komplett davon überrumpelt wurden, als China Teile seiner Wirtschaft heruntergefahren hat und Lieferketten zerrissen sind. Vieles an der globalisierten Wirtschaft ist auf den ersten Blick nicht sichtbar. Das ist das Subtile daran. Zusätzlich hat die Globalisierung unsere Gewohnheiten durchdrungen, auch das ist weniger offensichtlich. Unser Kundenverhalten hat sich verändert, aber ebenso unsere Kultur.

Wir dürfen Globalisierung also nicht nur wirtschaftlich verstehen.

Nicht ausschließlich. Der Begriff wird konventionell so benutzt, weil wir vor allem auf Produkte und Dienstleistungen schauen. Aber beides verändert ja auch kulturelle Angewohnheiten. Wir führen dieses Gespräch gerade über Skype, also über ein Programm aus den USA, das aber weltweit verbreitet ist. Technologie prägt Kultur. Und sie kann Kultur erweitern: Ich spreche von Amerika aus, Sie sitzen in Deutschland. Genauso einfach könnten wir auch mit Menschen aus der Mongolei sprechen! Wir können sehen, wie andere Länder arbeiten, ticken, denken. Ich glaube, unser menschlicher Verstand hat noch immer mit dieser Tatsache zu kämpfen.

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Dr. Harry G. Broadman

Dr. Harry Broadman

Der Experte für globalen Handel, Kartellrecht und Unternehmensführung hat in 37 Jahren bereits in mehr als 85 Wachstumsmärkten gearbeitet: in Beteiligungsgesellschaften, bei Pricewaterhouse-Coopers, im Weißen Haus, bei der Weltbank, der RAND Corporation sowie der Harvard-Universität. Er ist Partner des Consultingunternehmens Berkeley Research Group LLC und gehört der Fakultät der Johns Hopkins University an. Broadman studierte an der Brown-Universität und hat einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften von der Universität von Michigan.

Ist das nicht auch irreführend? Wir glauben andere Kulturen besser zu kennen, als wir es oft tatsächlich tun.

Richtig, das ist einer der Nebeneffekte von Globalisierung: Sie gibt uns manchmal ein falsches Gefühl von Wissen und Vertrautheit. Bücher, Filme oder Musik aus einem Land zu rezipieren ist eben nicht dasselbe wie ein Besuch. Umgekehrt ist es übrigens auch möglich: ein falsches Gefühl von Misstrauen, weil wir vorschnell glauben, Dinge über andere Länder zu wissen. Oder wir setzen ein Produkt gleich mit der Bevölkerung, die dort lebt, und rümpfen die Nase, weil aus diesem oder jenem Land angeblich nur billige Produkte stammen. Dabei übersehen wir dann, dass wir es ja sind, die diese Dinge kaufen.

Lässt sich die Globalisierung zurückdrehen?

Es gibt immer noch Menschen, die halten Globalisierung für eine Modeerscheinung. Das ist sie nicht. Globalisierung bleibt. Wir haben aktuell in den USA, aber auch in Europa, Diskussionen, in denen die Globalisierung und ihre Auswüchse kritisiert werden. Dass wir zu weit gegangen sind. Daraus wird dann geschlussfolgert, man müsse sich „entkoppeln“, zum Beispiel von China. Ich kenne viele Unternehmen, die in China investiert haben oder mit China handeln, und ich habe da meine Zweifel: „Entkoppeln“ ist zum einen nichts, was verordnet werden kann. Außerdem ist es weder einfach – noch ist es wirtschaftlich überhaupt sinnvoll. Es ist kurzsichtig.

Das Jahr 2020 hat solche Ideen eher noch verstärkt.

Natürlich. Die Pandemie ist auch ein Teilaspekt einer global verbundenen Welt. Obwohl es die Pest gab und andere Krankheiten, ist COVID-19 vermutlich die weitreichendste, umfassendste Pandemie der Weltgeschichte. Sie demonstriert uns, dass wir alle auf demselben Planeten wohnen. Wenig überraschend folgern manche Personen: „Aha! Hätten wir keine Globalisierung, hätte es diese Pandemie nicht gegeben.“ Aber das ist ein Irrglaube. Wir bekommen den Geist nicht mehr zurück in die Flasche. Ich verstehe die emotionale Reaktion, aber sie ist oberflächlich.

Wie wird die Pandemie unsere Weltwirtschaft verändern?

Das hängt davon ab, wie schnell sie eingedämmt wird. Und wie schnell wir die richtigen Schlüsse ziehen. Niemand will den Shutdown der Wirtschaft, aber wir mussten lernen, dass es die ultimative Folge ist, wenn wir vorher zu zaghaft reagieren. Es wird auch nicht die letzte Pandemie sein, die wir erleben. Vielleicht ist es ein Fingerzeig, dass wir weltweit bei globalen Problemen umso enger kooperieren müssen.

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Man könnte sagen, dass der Klimawandel eine Art Pandemie für unser Ökosystem ist

Glauben Sie, die Idee lokaler Produktion, also von „Lokalisierung“, wird sich durchsetzen?

Ich glaube nicht daran, dass COVID-19 das Ende der Globalisierung ist. Lieferketten werden komplexer werden, nicht weniger. Produktion ist und bleibt global. Unternehmen wollen Risiken minimieren. Wenn die Gefahr besteht, dass Lieferketten ausfallen, wird das Firmen dazu bewegen, ihre Lieferketten noch vielfältiger zu gestalten. Selbst viele Experten scheinen das aktuell noch nicht zu begreifen.

Die Manager sind smarter als manch selbsternannte Wirtschaftsexperten?

Es gibt eben einen Unterschied zwischen emotionaler Reaktion und ökonomischer Kalkulation. US-Präsident Donald Trump hat vor einigen Monaten über Twitter die amerikanischen Unternehmen aufgefordert, „nach Hause“ zurückzukehren. Völlig unabhängig davon, ob das wirtschaftspolitisch eine gute oder eine schlechte Idee ist: Viele Menschen scheinen nicht zu begreifen, wie Unternehmen heutzutage verflochten sind. Die meisten sehen nur das Endprodukt – die Zwischenschritte und Hintergründe sehen sie nicht.

Es wäre ja zumindest positiv, wenn die Pandemie uns all das lehrt, oder?

Ich hoffe es. Politiker hören auf die Emotionen ihrer Wähler, das ist auch ein Teil ihrer Aufgabe. Wenn Wähler jetzt sagen: „Wir möchten mehr lokal angebaute Lebensmittel essen oder mehr lokal produzierte Waren kaufen“, dann ist das zunächst ein nachvollziehbarer Wunsch. Wenn sie dafür aber plötzlich mehr bezahlen müssen, überlegen es sich manche eben doch anders. Ich beurteile das gar nicht. Aber es ist ein treffendes Beispiel dafür, dass wir wirtschaftliche Entscheidungen nicht ausschließlich von Emotionen abhängig machen dürfen. Ein Unternehmer muss wirtschaftlich denken. Gibt es genug Käufer, die bereit sind, den Preis zu zahlen, den ich aufrufen muss? Wenn das der Fall ist, wunderbar.

Die gesamte Diskussion um „Nachhaltigkeit“ und übrigens auch Klimawandel scheint aktuell aber in den Hintergrund gerückt.

Ja, und die Frage ist: warum? Es hat sicherlich damit zu tun, dass die Gefahr der Corona-Pandemie sichtbarer ist und ihre Folgen unmittelbar zu sehen sind. Der Klimawandel dagegen liegt in der Zukunft, die Auswirkungen sind inkrementeller – und eine Lösung ist ungleich schwieriger. Die Gegenmaßnahmen gegen die Krankheit sind greifbar: Masken, Abstandsregeln oder eben ein Impfstoff. Der Verzicht auf Treibhausgase erscheint vielen Menschen komplizierter, und der Effekt selbst einzelner Länder ist begrenzter.

Dabei können beide Herausforderungen die globalisierte Wirtschaft stark beeinflussen.

Richtig, man könnte sagen, dass der Klimawandel eine Art Pandemie für unser Ökosystem ist. Auch die Erderwärmung führt zu Kosten, für die Unternehmen, für die Menschen, aber es sind verstecktere Kosten. Das ist das Problem. Solange niemand das Gefühl hat, direkt und unmittelbar davon betroffen zu sein, wird sich wenig ändern.

Aber die Kosten sind sehr wohl schon da.

Nur aktuell fühlen sie sich noch sehr gering an, und die Menschen sind bereit, sie in Kauf zu nehmen. Sie werden allerdings exponentiell ansteigen. Da sind die Folgen des Klimawandels denen einer Pandemie tatsächlich nicht unähnlich. Ich habe schon Anfang der 80er Jahre in einer Publikation für höhere Ölimportzölle argumentiert, um aus einer ökonomischen Perspektive zu verdeutlichen, dass wir den Ölverbrauch drosseln müssen, weil wir hier von versteckten sozialen Kosten reden. In vielen Ländern weltweit, und ganz besonders hier in den USA, spiegeln die Benzinkosten nicht die realen sozialen Kosten wider.

Das Aufheben versteckter Kosten als Zukunftsinvestitionen?

Wenn wir heute die Energiekosten erhöhen, können wir vielleicht dazu beitragen, dass unsere Kinder weniger stark vom Klimawandel getroffen werden. Nennen Sie es einen Generationenvertrag. Und einen Globalisierungsvertrag. Es gibt eine Reihe von Ländern, vor allem in Europa, in denen sind die Benzinpreise aufgrund von Regierungsentscheidungen schon jetzt höher als hier in den USA. Wir leben aber alle, wie gesagt, auf demselben Planeten. Wir müssen globale Herausforderungen gemeinsam angehen.


Dieser Beitrag stammt aus unserem Unternehmensmagazin „ESSENTIAL“, in dem wir kontinuierlich über Trends und Schwerpunktthemen aus unseren Zielindustrien und -märkten berichten.

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