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Gelbe Beweiskarten auf dem Boden
18.08.2021

Aus Mangel an Beweisen

Manche Ressourcen lassen sich ersetzen. Was aber, wenn es an Beweisen fehlt, obwohl man doch weiß, wer der Täter ist? Oder es zumindest ahnt. Kriminalhauptkommissar und Rauschgiftfahnder Jörg Schmitt-Kilian im Interview über Beweise, die Jahrzehnte später ans Licht kommen. Und Täter, die plötzlich wieder vor einem stehen.

Jörg Schmitt-Kilian, wenn man nicht genug Beweise findet – wie lange sucht man?

Schmitt-Kilian: Solange, bis man sie hat. Aber wenn die Suche erfolglos ist, wird erst die Sonderkommission reduziert, und irgendwann stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ganz ein. Wenn aber neue Spuren auftauchen, gibt es auch Fälle, die neu aufgerollt werden. Mord verjährt nie. Derzeit passiert da ganz viel, weil früher keine DNA-Analysen möglich waren, aber von damals noch Proben vorliegen, mit denen man heute DNA-Abgleiche machen kann. Ich weiß von einem Cold Case einer 1994 ermordeten Frau, da wurde der Mörder jetzt überführt, weil er eine neue Straftat begangen hat und seine DNA in der Kartei gelandet ist.

So ein Treffer allein ist aber noch kein Beweis?

Nein, das ist manchmal kein Beweis, aber ein Grund, den Fall wieder aufzunehmen. Tatsächlich sind manche Täter nach so langer Zeit derart überrascht, dass sie in der Vernehmung zusammenbrechen und gestehen. Auch weil sie endlich ihr Gewissen erleichtern können.

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Cold Case

Als „Cold Case” werden unaufgeklärte Fälle bezeichnet, für die es aber neue Hinweise gibt, etwa durch neue Zeugenaussagen oder DNA-Analysen. In vielen Staaten verjähren besonders schwere Verbrechen wie Mord oder Vergewaltigung nicht. Ende der 90er Jahre wurde die erste eigene Cold Case Unit in den USA gegründet. Auch in Deutschland hat sich der englische Begriff etabliert, bezieht sich dabei aber ausschließlich auf Tötungsdelikte. Hier existieren eigenständige Cold-Case-Einheiten erst seit 2015.

Gibt es Beweise, die man besitzt, aber nicht verwenden kann?

Ja, zum Beispiel häufig rund um Telefonüberwachung, bei Straftaten, die dem Verwertungsverbot unterliegen. Wir haben in Deutschland einen Täterschutz, der bisweilen strenger ist als in anderen Ländern. Das kann natürlich frustrierend sein: Du weißt, dass jemand der Täter ist, kannst es aber nicht beweisen.

Warum zum Beispiel nicht?

Nehmen wir das Beispiel Drogendelikt: Man hat einen Dealer observiert und gesehen, er kommt aus einem Haus heraus, das erwiesenermaßen Drogenumschlagplatz ist, aber sein Rechtsanwalt sagt: „Vielleicht war er in der Nachbarwohnung zu Besuch?“ Wenn wir keine weiteren Beweise haben, gilt da natürlich: im Zweifel für den Angeklagten.

Was wie ein Beweis schien, ist also plötzlich verhandelbar?

Wir hatten einmal den Sohn eines bekannten Kommunalpolitikers festgenommen, bei dem wurden rund vier Kilogramm Heroin gefunden. Da warf der Rechtsanwalt in der Verhandlung die Frage auf, ob wir den Täter nicht erst dazu angestiftet hätten, die Lieferung zu besorgen. Das Problem ist: Ich darf als Drogenfahnder vor Gericht nur dann genaue Angaben zu kriminaltaktischen Maßnahmen machen, wenn eine Ausnahmegenehmigung vorliegt. Wir wollen ja keine Strategien verraten. Gewiefte Rechtsanwälte versuchen oft, Beamte unglaubwürdig zu machen. Sie schweifen ab in das Privatleben, fragen alles Mögliche, und sobald man sagt: „Daran kann ich mich nicht erinnern“ kontern sie mit: „Ach, aber an das Detail aus dem Fall, daran können Sie sich erinnern?“ Dabei sind das zum Teil Fälle, die hat man zwei Jahre zuvor bearbeitet.

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Gewiefte Rechtsanwälte versuchen oft, dich als Beamten unglaubwürdig zu machen.

Jörg Schmitt-Kilian, Kriminalhauptkommissar und Rauschgiftfahnder

Bekommt man denn mit, was aus den Fällen wurde, in denen man ermittelt hat?

Bei den spektakulären Sachen schon. Aber oft ist man im Alltag längst wieder mit dem nächsten Fall beschäftigt. Manche Verfahren ziehen sich ewig hin. Ich kann mich nicht an jeden erinnern, den ich in den Knast gebracht habe. Einmal stand ich nach dem Tennis unter der Dusche, da spricht mich plötzlich einer an. Stellt sich heraus: Der hatte mir sieben Jahre Gefängnis zu verdanken. Da war mir im ersten Moment schon mulmig. War aber dann alles in Ordnung. „Du hast deinen Job gemacht“, hat er gesagt, „und bist fair mit mir umgegangen.“

Wenn wir auf die Ressourcen der Polizei blicken: Waren Sie damals gut ausgestattet?

Damals waren die Ressourcen nicht so gut wie heute. Aber Personal fehlt immer noch, besonders in den Bereichen der organisierten Kriminalität. Das sind sehr arbeitsintensive Bereiche, in die wir meist nur mit verdeckten Maßnahmen eindringen können. Jetzt kommen durch das Internet viele neue Themen hinzu, die Polizei muss ständig zusätzliche Aufgaben übernehmen. Da kann es schon mal sein, dass ein Kommissariat für organisiertes Verbrechen personell reduziert wird, weil sonst andere, grundlegende Bereiche brachliegen würden.

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Jörg Schmitt-Kilian

Der Kriminalhauptkommissar und ehemalige Rauschgiftfahnder war über 40 Jahre im Dienst.

Heute arbeitet er in der Drogen- und Gewaltprävention mit Veranstaltungen, Schulungen und Lesungen. Schmitt-Kilian schreibt Kriminalromane auf der Basis wahrer Fälle und Ratgeber sowie Reisebegleiter. Sein SPIEGEL-Bestseller „Vom Junkie zum Ironman“ wurde mit Uwe Ochsenknecht verfilmt. Auf Basis seines Romans „Die Dealerin und der Kommissar“ entstand der Fernsehfilm „Jenny“.

Mehr Informationen unter: www.schmitt-kilian-aktuell.de

Erinnern Sie sich an einen Fall, der Ihnen besondere Rätsel aufgab?

Eine Heroin-Dealerin war offenkundig tief in die Drogenszene involviert, aber von ihrem Lebenslauf her ein völlig unbeschriebenes Blatt. Da war nichts in der Vergangenheit zu finden, gar nichts. Erst nachdem wir sie festgenommen haben, stellte sich heraus, dass sie die Identität ihrer Schwester in Kanada angenommen hatte. Unter ihrer richtigen Identität spuckte der Computer eine riesige Akte aus. Tatsächlich war sie sogar zentrale Zeugin in einem ungeklärten Mordfall in Holland. Was sie nach ihrer Festnahme als Verhandlungsmittel genutzt hat.

Sie wollte aussagen, wenn sie dafür milder bestraft wird?

Sie war wegen eigener Suchtprobleme in einer Therapie, da gilt der Grundsatz „Therapie statt Strafe“. Sie bekam Freigang, um sich mit mir zu treffen. Der Mordfall war zwar nicht mein Fall, aber die Kollegen hatten mich gebeten, abzuklopfen, welche Beweise sie hat. Das Ende vom Lied war: Sie ist zu dem Treffen nie erschienen, sondern hat die Chance genutzt, um unterzutauchen. Bis heute ist sie spurlos verschwunden. Und der Mordfall bleibt damit ebenfalls ungeklärt.

Bleiben Fälle lange im Gedächtnis?

Ich löse ja einige Verbrechen literarisch in meinen Romanen. Der eben beschriebene Fall mit der Dealerin wurde sogar verfilmt. Oft beschreibe ich in den Krimis Situationen, die wirken auf Leser, als seien sie erfunden. Aber manchmal überholt die Realität eben selbst meine Fantasie.


Dieser Beitrag stammt aus unserem Unternehmensmagazin „ESSENTIAL“, in dem wir kontinuierlich über Trends und Schwerpunktthemen aus unseren Zielindustrien und -märkten berichten. Weitere Beiträge des Magazins finden Sie hier.

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ESSENTIAL veröffentlichte in loser Abfolge Kurzgeschichten, die alle in ihrer eigenen, fiktiven Zukunft spielen. Einige davon haben wiederkehrende Charaktere und Settings, manche stehen ganz für sich alleine. Ziel der Serie ist es, möglichst kreativ mit ganz unterschiedlichen Visionen zu spielen, und den Leser mitzunehmen auf ein Gedankenexperiment: Wie könnte unsere Zukunft aussehen – und was bedeutet das für uns? Viel Spaß beim Lesen. Dossier: Akte Zukunft - Freudenberg FST

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