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Nahaufnahme von Leder. Copyright: iStock: ozgurdonmaz.
08.11.2022

Der stetige Wandel 

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Die Historie von Freudenberg zeigt exemplarisch, wie neue Werkstoffe Fortschritt bringen. Vom Leder über Elastomere bis zum modernen Kunststoff. Das Besondere: Jeder Schritt hat mit dem vorigen zu tun. Eine Geschichte darüber, wie man sich auch von Krisen nicht beirren lässt. 

Es fängt mit dem Lackleder an. Mitte des 19. Jahrhunderts rollt eine Modewelle durch Europa: „Alles, was schön aussehen sollte, wurde aus Lackleder gemacht“, erzählt Dr. Michael Horchler, Leiter des Unternehmensarchivs bei Freudenberg: „Schuhe, Zaumzeug, bis hin zu Sitzgarnituren.“ Und Feuerwehrhelme. Die sind zwar mit Lack leichter entflammbar: „Aber sie sahen schön aus.“ Für den richtigen Lack ist allerdings Fachwissen, idealerweise verbunden mit Material-Know-how rund um das Leder, nötig. Beides trifft auf die Gerberei zu, deren Inhaber Carl Johann Freudenberg dem Credo folgt: Qualität – und Ideen. Kombiniert: Materialkompetenz. „Er hatte einen hohen Exzellenzanspruch“, sagt Horchler. So beginnt sich die Gerberei erstmals weiterzuentwickeln.

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Von Schafen und Bienen

Der vermutlich erste Mitarbeitenden-Verbesserungsvorschlag in der Geschichte von Freudenberg hat ebenfalls mit Lack zu tun: Das lackierte Leder soll auf einer Wiese in der Sonne trocknen, aber abends weist der erhärtete Lack plötzlich unerwünschte gelbe Streifen auf. Man steht vor einem Rätsel. Bis ein Mitarbeitender den Tipp gibt, sich eine Schafherde anzuschaffen. Die Lösung: Bienen hatten Pollen vom auf der Wiese blühenden Klee gesammelt, waren anschließend über das Leder gekrabbelt und haben die gelben Pollen im Lack hinterlassen. Als die Schafe den Klee fressen, suchen sich die Bienen andere Blumen.

Wachstumsmotor und Wirtschaftsschock 

Lederherstellung ist kompliziert: Um ein Rohfell zu einem fertigen Leder zu verarbeiten, sind rund 75 Produktionsschritte nötig. Freudenberg ist handwerklich ausgerichtet, es gibt noch keine Maschinen: „Wenn man ein gutes Produkt haben wollte, musste jeder Schritt optimiert werden.“ Das habe sich auf die Firmenphilosophie übertragen, schildert der Archivar und Firmenhistoriker. „Materialkompetenz muss immer offen sein für neue Ideen.“ 

Das Lackleder wird zum ersten großen Motor der Firmenentwicklung. Mit dem Lackleder steigt das Unternehmen bis in die Mitte der 1870er Jahre zu einem der größten Lederhersteller Deutschlands auf. Als man 1900 das Chromgerbeverfahren einführt, entwickelt sich Freudenberg sogar zum größten Lederhersteller Europas und zu einem der größten der Welt – und bleibt das bis zum Ende der 1920er Jahre. Es folgt der Schock: Durch die Weltwirtschaftskrise bricht der Ledermarkt zusammen. Neue Absatzmärkte müssen her. Andernfalls droht die Entlassung von mehreren Hundert Mitarbeitenden. 

„Wandel, um erfolgreich zu sein“ 

So beginnt die Idee mit der Dichtung. Denn Dichtungen bestehen zu dieser Zeit aus imprägniertem Filz oder Leder. Es ist also Wissen über das Material, zu Schmierung und Ölung nötig. Man braucht, abermals, Materialkompetenz – und die hat Freudenberg. „Leder ist ein sehr widerstandsfähiges Material“, sagt Horchler: „Aber ohne eine Beschichtung hält es nicht lange dicht.“ Dabei sei dem Unternehmen die Erfahrung aus der Lacklederherstellung zugutegekommen. Aus der einen Entwicklung folgt die nächste, schon 1929 werden die ersten Lederdichtungen verkauft. Im Hintergrund steht noch immer die Mahnung des Firmengründers Carl Johann, erinnert Horchler: „Dass es die Fähigkeit zum Wandel braucht, um langfristig erfolgreich zu sein.“ Also experimentiert man weiter, verbindet 1932 Leder mit Metall – und erfindet so den Simmerring®. Walther Simmer baut eine Feder in ein Metallgehäuse, die für eine Druckveränderung sorgt und gleichzeitig die Dichtung auf der drehenden Welle sowie die Dichtlippe im Metallgehäuse fixiert. Erstmals können so Radialwellen wirklich gut abgedichtet werden: „Das war Freudenbergs großer Durchbruch in Sachen Dichtungen.“   

Der Simmer-ring® mit Wurmfeder im Querschnitt.

Wettbewerbsvorteil durch Kautschuk 

Obwohl Leder zunächst (und bis in die 1950er Jahre) ein dominierender Werkstoff sein wird, experimentiert Freudenberg parallel schon weiter. Bereits in den 1930ern folgen erste Versuche mit Elastomeren, da das Leder ab 1934 knapp wird. Denn in Deutschland haben 1933 die Nationalsozialisten die Macht übernommen, sie wollen die heimische Wirtschaft weitestgehend autark machen, plötzlich fehlen Rohstoffe. Freudenberg sucht Ersatz für Leder. Man wird zum ersten Unternehmen, das mit Synthesekautschuk im Dichtungsbereich arbeitet, genauer gesagt: mit Nitrilkautschuk. Dafür werden Nitril, Schwefel und Ruß zu einem Verbundwerkstoff gemischt, der vulkanisiert auch formstabil ist. „Deswegen sind Dichtungen häufig schwarz“, erklärt Horchler. Trotz oder gerade wegen der Materialverknappung weitet Freudenberg also die eigene Materialkompetenz aus, immer neue Elastomer-Mischungen entstehen. 

„Mit der ersten Gummidichtung war man der absolute Pionier“, skizziert Horchler. Die deutsche Automobilindustrie wird der wichtigste Absatzmarkt. Aber auch im Maschinenbau kommen Simmerringe, Faltenbälge und O-Ringe von Freudenberg zum Einsatz. Der neue Werkstoff entpuppt sich als Volltreffer: „Der Kautschuk ließ sich einfacher und exakter formen als das Leder“, erklärt Horchler. So können die Dichtlippen genau an den jeweiligen Verwendungszweck angepasst werden: „Die Elastomer-Dichtungen von Freudenberg hoben sich schnell von den Lederdichtungen der Wettbewerber ab.“ 

Damit hat sich Freudenberg innerhalb eines Jahrhunderts vom Werkstoff Leder weiterentwickelt zum Werkstoff des synthetischen Elastomers. Und sich das Überleben gesichert. „Von den großen Gerbereien aus den 1920er Jahren existieren heute nur noch eine oder zwei“, sagt Horchler. Das Besondere an der Firmenentwicklung von Freudenberg aber ist: „Man war immer sehr nah am ursprünglichen Geschäft.“ 

Immer wieder entsteht Innovation 

In den Wirtschaftswunderjahren beweist sich dann, wie sehr sich die Investition in die Elastomer-Forschung gelohnt hat: Immer mehr Menschen können sich ein eigenes Auto leisten, der deutsche Maschinenbau exportiert ins Ausland: „Das waren echte Boomjahre für Dichtungen“, erzählt der Firmenhistoriker. Freudenbergs Produktpalette wächst. Bis heute. Aktuell kann das Unternehmen für sein Produktportfolio auf rund 200.000 eigene Elastomer-Mischungen zurückgreifen dank des stetigen Fokus auf Innovation. „In der frühen Elastomer-Forschung gab es auch viele gescheiterte Versuche“, sagt Horchler: „Aber auch wenn nicht immer alles sofort funktioniert hat, kam am Ende oft etwas Gutes dabei raus.“ 

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Dr. Michael Horchler

Dr. Michael Horchler arbeitet seit mehr als 20 Jahren im Unternehmensarchiv der Freudenberg-Gruppe und hat im Jahr 2008 dessen Leitung übernommen. Der studierte Historiker, Betriebswirt und Medien- und Kommunikationswissenschaftler stieß während seiner Promotion zu Freudenberg. „Im Gegensatz zu vielen Historikern, die sich mit abgeschlossenen Zeiträumen beschäftigen, arbeiten wir am lebenden Objekt“, sagt er passioniert über seinen Beruf: „Die Geschichte wird immer fortgeschrieben und wir beschäftigen uns mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Unternehmens.“

Das ist das Beeindruckende an der Materialinnovation: Immer wieder entstehen wichtige Lösungen scheinbar zufällig. Weil Freudenberg zum Beispiel Kompetenz im Zusammenspiel von Elastomeren und Metall besitzt, werden Bauteile gefertigt, die Vibrationen und Geräusche reduzieren. Es entsteht – ein neuer Geschäftszweig, die Schwingungstechnik. „Die moderne Automobilindustrie ist ohne Schwingungstechnik undenkbar“, betont Horchler. Auf ähnliche Weise kommen die Vliesstoffe ins Programm – ursprünglich sind sie das Trägermaterial für Latex-Syntheseleder, heute sind sie wichtiger Bestandteil in der Automobilindustrie, in Kleidung und Schuhen, in medizinischen und technischen Anwendungen wie in Wundauflagen, Batterien und Kabelsystemen oder in Vileda-Reinigungsprodukten. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: „Ein Jahrzehnt lang haben die Vliesstoffe nur Entwicklungsgeld gekostet.“ Dass man im Unternehmen trotzdem weiterforschte, ist nicht nur charakteristisch für Freudenberg – es erklärt sich aus der Firmengeschichte. 

„Fortlaufend wurde geschaut, welche neuen Rohstoffe es auf dem Markt gibt“, bilanziert Horchler. Und jede Krise wird im Zweifelsfall zum Anlass genommen, sich weiterzuentwickeln. So wie schließlich auch die ersten Lederdichtungen aus der Notlage der Weltwirtschaftskrise entstanden sind: „Heute bildet die Dichtungsfertigung einen eigenen Unternehmenszweig – Freudenberg Sealing Technologies.“ Vom Leder allerdings hat sich das Unternehmen vor einigen Jahren endgültig verabschiedet, 2002 war das, als die mittlerweile sehr kleine Produktion eingestellt wurde, die seit vielen Jahren unrentabel gewesen war. 


Dieser Beitrag stammt aus der neuen Ausgabe unseres Unternehmensmagazins „ESSENTIAL“, die in Kürze erscheint. Freuen Sie sich auf aktuelle Trends und Schwerpunktthemen aus unseren Zielindustrien und -märkten ab dem 18.11.2022 in unserem Online-Magazin.

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