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autonomous car
05.11.2020

„Ein Qualitätssprung für Fahrzeuge“

Der Technologie-Wettlauf um das automatisierte Fahren ist in vollem Gange. Das wird nicht nur unsere Mobilität verändern, es könnte auch Städte und Gesellschaften verwandeln, sowie ganz neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Anna Eidel, Bachelor-Absolventin zum Thema autonomes Fahren im Gespräch mit ihrem fachlichen Betreuer Thorsten Stickel von Freudenberg Sealing Technologies und dessen Kollegen Dr. Eberhard Bock - über Unfallrisiken, Chancen und regionale Unterschiede.

Frau Eidel, Sie haben im Rahmen Ihres Studiums sehr ausführlich zum autonomen Fahren geforscht. Ist die Zukunft näher, als wir glauben?

Anna Eidel: Die Zukunft ist schon fast da. Ein Unternehmen wie Waymo gibt an, dass Fahrzeuge mit ihrer selbstfahrenden Technologie schon 20 Millionen Meilen gefahren sind. Interessant ist aber, dass das Thema einerseits omnipräsent wirkt und trotzdem für viele noch große Fragezeichen aufwirft. Laut einer Studie haben 90 Prozent der Menschen vom Thema autonomes Fahren gehört, aber nur acht Prozent hatten das Gefühl, sie könnten es erklären.

Ist das Thema so kompliziert?

Eidel: Es liegt eher daran, dass die Branche selbst noch nicht weiß, welche Techniken überhaupt zum Einsatz kommen werden. Elon Musk hat mal gesagt, wer auf Lidar setze, also auf Lasersensoren, der habe das Wettrennen verloren – jetzt testet er selbst mit Lidar. Das zeigt sehr schön, wie die gesamte Branche nach den richtigen Technologien sucht.

Herr Bock, Herr Stickel, warum ist das Thema für Freudenberg Sealing Technologies relevant?

Eberhard Bock: Zunächst einmal, weil ich überzeugt bin, dass automatisiertes Fahren auf jeden Fall kommen wird. Unabhängig von der Debatte um Elektro-Antriebe. Es wird auch kommen, wenn der Verbrenner bleibt. Eventuell werden wir dann deutlich weniger Fahrzeuge pro Kopf und auf unseren Straßen haben. Für einen Auto-Zulieferer wie Freudenberg Sealing Technologies klingt das natürlich zunächst einmal negativ.

Thorsten Stickel: Die Frage muss eigentlich lauten: Welchen Mehrwert könnten unsere Produkte in dieser neuen Welt autonomer Fahrzeuge bringen? Möglicherweise verkaufen wir zwar weniger Produkte, aber dafür vervielfacht sich der Wert eines Produktes, weil es eher in Richtung Hochtechnologie geht.

Bock: Ich bin jedenfalls sicher, dass mit autonomem Fahren eine sehr breite Bevölkerungsschicht erreicht wird. So wie heute jeder sein Smartphone hat. Insofern ist auch die Annahme noch nicht final, dass die Zahl der Fahrzeuge deutlich zurückgeht. Weltweit wird sie sicherlich steigen.

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Es wird nicht einen Tag geben und dann sind überall die automatisierten Fahrzeuge.

Anna Eidel erwarb im Juni 2020 ihren Bachelor of Science in International Management an der ESB Business School, in Kooperation mit der Universidad Pontificia Comillas ICADE. Dabei entstand auch die Arbeit zu „Verantwortung und Schuldfrage in der Entwicklung von künstlich-intelligenten Robotern“ am Beispiel automatisierten Fahrens.

Wo stehen wir in Deutschland?

Eidel: Wir beschäftigen uns in Deutschland sehr mit Versicherungsaspekten und den legalen Regelungen. Freies Fahren ist hierzulande nur mit niedrigen Geschwindigkeiten auf abgesonderten Flächen erlaubt. Das erschwert die Möglichkeiten für Tests.

In den USA wird die Technik entwickelt, in Deutschland die Gesetze dazu?

Stickel: Wir kümmern uns sehr um die Risiken. Das ist ja auch in Ordnung. Aber ich würde gerne sehen, dass wir stärker auf die Chancen schauen. Es ist höchste Zeit, dass wir autonomes Fahren in der Öffentlichkeit diskutieren, nicht nur innerhalb der Branche. Wir müssen die Menschen abholen mit den Chancen, die sich ergeben. Vom Fahrkomfort bis zum Aspekt Umwelt.

Bock: Moment! Ich bin noch nicht überzeugt, dass Umwelt hier tatsächlich ein Thema ist. Wie eben gesagt, die Zahl der Nutzer kann genauso gut zunehmen, weil man zum Beispiel künftig keinen Führerschein mehr braucht.

Klein und niedlich: Waymo ist ein Vorreiter in Sachen autonomes Fahren.

Stickel: Aber kein Mensch kann so schadstoffoptimiert fahren wie ein autonomes Fahrzeug.

Bock: Guter Punkt. Wir geben zwar etwas ab, bekommen aber auch etwas hinzu.

Eidel: Ich denke auch, dass wir durch das automatisierte Fahren reduzierte Abgase erleben werden, weil das Auto optimierter ist. Und es wird mehr gemeinschaftlich genutzte Fahrzeuge geben und damit weniger Autos pro Kopf.

Bock: Aber die Bevölkerung wächst, das wird die Zahl an Fahrzeugen wieder steigen lassen.

Eidel: Das ist richtig.

Abgesehen vom Umweltaspekt - sehen Sie Vorteile, Herr Bock?

Bock: Natürlich. Ich bin auch überzeugt, dass die Anzahl der Unfälle drastisch abnehmen wird. Schon deswegen, weil niemand mehr zu schnell fährt. Wir dürfen aber nicht übersehen, dass es vielen Menschen nicht passen wird, wenn ihnen etwas weggenommen wird – in diesem Fall die Autonomie, selbst zu fahren. Und wir müssen zumindest über die Ethik sprechen: Der Programmierer, der für das Fahrzeug die Software entwickelt, muss künftig entscheiden, wie in einer Gefahrensituation reagiert wird.

Eidel: Das ist in der Forschung unter dem Begriff „Trolley-Problem“ zusammengefasst. Der Begriff stammt noch aus der Zeit, als man es darauf bezogen hat, dass ein Zug auf dem Gleis unterwegs ist: Fährt er geradeaus, überfährt er fünf Personen, lenkt man ihn durch aktives Eingreifen auf ein anderes Gleis, überfährt er eine. Wie entscheidet man sich da? Das zentrale Problem solcher Fragen ist, dass es alles immer künstliche Situationen sind, und drastisch zugespitzte obendrein. Warum kann denn das Auto in der Situation nicht bremsen, und wieso kommt so eine Situation überhaupt zustande? Können wir das nicht vermeiden?

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Es wird für die Produzenten viel attraktiver, hochwertige Bauteile zu benutzen, die langlebig sind.

Thorsten Stickel leitet die globale Prozesstechnik in der Division Oil Seals Powertrain & Driveline bei Freudenberg Sealing Technologies. Stickel ist dabei besonders involviert in die Entwicklung von neuen, nachhaltigen Prozessen sowie in das gesamte Thema Digitalisierung.

Wie würden denn menschliche Fahrer in solchen Situationen reagieren?

Eidel:Tatsächlich entscheiden Menschen in solchen Momenten beinahe komplett willkürlich. Wir bürden uns in dieser Diskussion also die große Verpflichtung auf, dass das autonome Auto ethisch korrekter entscheiden muss, als der Mensch es aktuell tut. Vielleicht erinnern Sie sich an den Fall, als ein automatisierter Wagen einen Unfall verursacht hat, weil er einen LKW mit weißer Plane übersehen hatte? Das war in den Schlagzeilen; was aber meist unterging, war die Tatsache, dass das Auto 9 km/h über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit fuhr. Und noch interessanter ist der Grund dafür: Weil das Fahrzeug von seiner Umgebung gelernt hat, und die menschlichen Fahrer fuhren auch alle zu schnell.

Die Übergangsphase von gemischtem Verkehr mit menschlichen Fahrern und automatisierten Fahrzeugen wird die entscheidende Herausforderung?

Bock:Ja, genau. Automatisierte Fahrzeuge kommen im Pulk problemlos über eine Kreuzung. Aber wie reagieren sie auf die Fehler der menschlichen Fahrer, die sie eben nicht voraussehen können? Und was ist, wenn es gar keine „Übergangsphase“ ist? Vielleicht erreichen wir niemals hundert Prozent automatisierte Verkehrsteilnehmer?

Eidel:93 Prozent der Unfälle sind aktuell zumindest teilweise durch den Fahrer verschuldet. Eine Lösung könnte sein, bestimmte Innenstadtbereiche abzugrenzen.

Da passt alles zu Ihrer Forderung, mehr Tests zu ermöglichen, Herr Stickel.

Stickel:Ja, weil wir mit Tests viel mehr Menschen überzeugen können. Wir können nicht warten, bis alles so absolut perfekt ist, dass es auf einen Schlag flächendeckend funktioniert. Ich denke, da sollten einzelne Städte oder Landkreise mit Pilotprojekten vorangehen.

Sie fühlen sich sicher in einer Welt mit automatisierten Fahrzeugen?

Stickel:Ich fühle mich sicherer als aktuell mit dem Fahrrad. Ich bin überzeugt, dass wir schon mit dem jetzigen Stand der Technik mehr Tote verhindern könnten. Was wir natürlich brauchen, ist ein Versicherungsmodell, das uns lückenlos sagt, wer im Fall der Fälle haftbar gemacht wird.

Bock:Das sehe ich sogar als geringeres Problem, weil die Versicherungen insgesamt viel weniger werden bezahlen müssen.

Stickel:Und da kommt der Gesetzgeber ins Spiel. Meine Befürchtung ist, dass wir in Deutschland und Europa etwas verschlafen, das andere schneller auf die Beine bringen. Schon jetzt entstehen ganz viele Kooperationen mit Unternehmen, die autonome Fahrzeuge entwickeln. Einige Hersteller haben exklusiv Streaming-Dienste an Bord. Wer künftig dabei sein will, muss jetzt in diesem Stadium mit einsteigen, im wahrsten Sinne des Wortes. Und ich kann mir da sehr gut auch Produkte von Freudenberg Sealing Technologies vorstellen, gerade im Bereich der intelligenten Produkte. In jedem Fall werden wir uns Gedanken machen, welche Geschäftsfelder sich hier erschließen lassen.

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Ja, es wird eine Herausforderung für die Lebensdauer der Produkte. Wir reden von einer viel höheren Kilometerleistung als bei allen aktuell üblichen Autos.

Professor Dr.-Ing. Eberhard Bock ist Vice President Technology & Innovation, Advanced Product Technology bei Freudenberg Sealing Technologies. Eberhard Bock ist damit unter anderem verantwortlich für die weltweite Produktvorentwicklung. Er arbeitet seit 1996 im Unternehmen.

In bestimmten Regionen geht es aktuell deutlich schneller voran?

Eidel: Ich beobachte aus wissenschaftlicher Sicht zwei Extreme: In Nordamerika gehen die Entwickler voran, möglicherweise manchmal auch zu schnell. In Deutschland wiederum kann man die Technik noch nirgendwo nutzen. Daimler testet im kalifornischen San Jose ein Projekt mit einem Taxiservice. So etwas müsste hier in Deutschland auch erlaubt sein.

Ohne Tests keine Perfektion?

Eidel: Wir werden nicht mit einem Schlag ein rundum ausgereiftes und ethisch komplett fehlerloses Fahrzeug auf die Straße stellen können. Vom britischen Mathematiker Alan Turing stammt bereits 1947 der Satz: Wieso versuchen wir eine Maschine mit einem erwachsenen Gehirn zu erstellen, wenn wir ihr auch Sachen beibringen können? Das möchte ich gerne übertragen: Wieso versuchen wir verbissen, ein komplett ausgereiftes System auf die Straße zu bringen, wenn wir innerhalb gewisser sicherheitsrelevanter Eingrenzungen einen Lerneffekt im Fahrzeug erreichen könnten?

Bock: Das hat mit unserer menschlichen Angst zu tun und mit unserer Kommunikation. Wenn ein Test-Fahrzeug einen Unfall baut, ist das direkt eine Schlagzeile.

Ist unsere Wahrnehmung von automatisiertem Fahren verzerrt?

Eidel: Ja. Die erwähnten 20 Millionen Meilen von Waymos Fahrzeugen zum Beispiel sind deutlich weniger im Bewusstsein.

Wir haben immer wieder die USA erwähnt, wie sieht die Situation in anderen Ländern aus?

Eidel:Die Länder, die laut einer führenden Studie am meisten bereit sind für automatisiertes Fahren sind Holland, Singapur und Norwegen. Da geht es um die Frage, wo sowohl Infrastruktur als auch die Bereitschaft der Verbraucher möglichst optimal sind, außerdem um Rechtslegung und Forschung. Gerade von Singapur erwarte ich in Zukunft noch sehr viel. Asien sollten wir im Blick behalten.

Autos, die über den Tag konstant verschiedene Gäste fahren – das bedeutet eine ganz andere Belastung für die Bauteile.

Bock: Ja, es wird eine Herausforderung für die Lebensdauer der Produkte. Wir reden von einer viel höheren Kilometerleistung als bei allen aktuell üblichen Autos.

Stickel: Ich sehe da eine riesige Chance und ganz neue Geschäftsmodelle: Der Hersteller kann mir künftig das Auto zur Verfügung stellen, es bleibt in dessen Besitz, ich zahle für die Kilometer, die ich fahre. Der Hersteller kümmert sich um die Wartung. Das bedeutet nichts anderes, als dass Fahrzeuge einen Qualitätssprung machen würden! Es wird für die Produzenten viel attraktiver, hochwertige Bauteile zu benutzen, die langlebig sind. Und als Freudenberg Sealing Technologies können wir genau das auch liefern – seien es Getriebe-, Kurbelwellendichtungen oder auch Batteriekomponenten. Wir sind jetzt schon Qualitätsführer und Weltmarktführer in vielen Bereichen, ich traue uns das zu.

Zum Abschluss eine Einschätzung: Wann sitzen Sie im autonomen Fahrzeug?

Stickel: Am liebsten schon heute. Aber um das wirklich selbst zu erleben, muss ich wohl nach Nordamerika fliegen.

Bock: Ich glaube, es wird sehr schnell gehen, dass wir automatisiert fahren dürfen. Offen gesagt weiß ich aber nicht, ob ich dann auch direkt umsteige. Ich bin im Urlaub ganz entspannt 3000 Kilometer mit dem Wohnwagen gefahren, das war schon auch sehr schön.

Eidel: Es wird nicht einen Tag geben und dann sind überall die automatisierten Fahrzeuge. Ich fahre auch gerne Auto, aber sobald die nächste Generation diese Fähigkeit nicht mehr besitzt, wird es niemand mehr vermissen. Ich denke wie gesagt, dass wir es in Ländern wie den USA oder Singapur als erstes erleben können. In Deutschland kann ich mir vor 2025 zumindest einzelne Anwendungsbereiche vorstellen, zum Beispiel beim Valet-Parken. Richtiges automatisiertes Fahren dauert noch ein bisschen.

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