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Illustration eines Robbenbabies, dass von einem älteren Mann, der halb so groß ist, gestreichelt wird mit einer illustrierten orangenen Hand im Hintergrund.

„Wir sprechen über Robotik, als läge das in der Zukunft“

Roboter und Mensch werden künftig immer enger interagieren. Die Wissenschaftlerin Selma Šabanović von der Indiana University argumentiert sogar: Robotik ist längst in unserem Alltag angekommen – wir nehmen sie nur nicht wahr. Ein Gespräch über Emotionen und kulturelle Sichtweisen und warum ausgerechnet Staubsaugerroboter so erfolgreich sind.

Frau Šabanović, wo fängt Robotersein an? Was ist ein Roboter?

Dr. Selma Šabanović: Das ist die große Frage, die viele immer wieder stellen. Und es wird auch jeder Experte eine leicht andere Antwort haben. Für mich hat das etwas mit Embodiment zu tun. Also einem Körper mit physischer Interaktion. Roboter können ihre Umwelt wahrnehmen und sie können mit ihrer Umwelt interagieren. Das würde zum Beispiel Smart Speaker ausschließen, die zwar künstliche Intelligenz besitzen, aber sich nicht bewegen. Wobei ein sozialer Roboter wie „Jibo“ im Grunde nicht sehr anders ist – er kann sich nur eben im Raum bewegen, also mit der Umgebung interagieren.

Smart Speaker wie Alexa oder Echo können Licht anschalten oder Rollläden bewegen.

Richtig, in dem Sinne wären sie als Teil eines Smart Homes sehr wohl Roboter.

Wo beginnt der Unterschied zwischen Automatisierung und Robotern?

Dort, wo die Maschine ihre Umwelt wahrnimmt und auf sie adaptiv reagiert. Industrieroboter, die das gleiche Teil am selben Ort bearbeiten, sind Automatisierung. Aber sobald sie mithilfe von Sensoren dynamisch reagieren können, werden sie zu Robotern. Erst der Sensor bewirkt, dass Maschinen planen und ausführen können und auf Änderungen ihrer Umwelt ansprechen.

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Dr. Selma Šabanović

Portrait der Robotik-Professorin Selma Sabanovic

Außerordentliche Professorin für Informatik und kognitive Wissenschaft an der Indiana University, Bloomington, USA. Sie leitet dort das R-House Human-Robot Interaction Lab, das sie selbst gegründet hat. Ihre Forschung kombiniert Studien zu Design, Nutzung und Konsequenzen von sozial interaktiven und assistierenden Robotern. Šabanović ist Chefredakteurin der Zeitschrift ACM Transactions on Human-Robot Interaction und Co-Autorin des Buchs „Mensch-Roboter-Interaktion: Eine Einführung“. Das Buch richtet sich insbesondere an Studierende und alle, die sich einen Überblick über den Forschungsstand verschaffen wollen. Die Themen reichen von den Teilbereichen der Mechanik bis hin zu ethischen Fragen. Auf Deutsch 2020 erschienen bei Hanser.

Was ist mit dem autonomen Auto?

Auch das ist ein Roboter. Denken Sie an Einparkhilfen oder Abstandskontrolle. Das sind Funktionen, die alle Parameter für Robotik erfüllen. Unser Auto steuert selbstständig, basierend auf den eigenen Sensoren. Ehrlich gesagt ist das sehr spannend: Wir sprechen häufig über Robotik, als läge das in der Zukunft. Dinge, die bereits existieren, akzeptieren wir als gegeben. Mit „Roboter“ verbinden wir etwas Futuristisches, aber in gewisser Weise sind sie längst Teil des Alltags.

Man hat häufig das Gefühl, Menschen haben Angst vor Robotern. Woher kommt das?

Die Angst existierte schon, bevor es den Begriff Roboter gab. Es gibt alte Mythen von Maschinen, die so menschenähnlich aussehen, dass sie uns täuschen. Das hat mit einer zentralen Frage zu tun, die uns als Menschen umtreibt: Was bedeutet Menschsein? Woran macht man das fest – am Aussehen, am Verhalten, an der Seele? Und ist der menschliche Körper nicht auch nur eine Maschine? Das beschäftigt uns bis heute.

Dazu kommt das Thema Arbeitsplatzverlust …?

Ja, wann immer wir Maschinen erfunden haben, hat das die Arbeit von Menschen verändert. Aber eigentlich ging es oft viel mehr um die Frage, wie die Technologie in die Gesellschaft integriert wurde. In westlichen Industriestaaten hat Automatisierung zu Entlassungen geführt. In Japan hingegen, wo früher noch der Grundsatz galt, dass du dein Leben lang im selben Unternehmen arbeitest, wurden die Mitarbeitenden umgeschult. Das war ein Unterschied. Den spüren wir bis heute.

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Aber sobald sie Sensoren haben, werden sie zu Robotern. Erst der Sensor bewirkt, dass Maschinen planen und ausführen können.

Indem in Japan Roboter positiver gesehen werden?

Denken Sie an die herausragenden Vertreter der Popkultur. Im Westen sind es Figuren wie der Terminator. In Japan eher Figuren wie der Android Astro Boy, der Krieg und Unrecht entgegentritt. Das heißt nicht, dass jeder Japaner Robotik positiv sieht. Aber es gibt Unterschiede, wie sich Geschichten und Archetypen im Bewusstsein etabliert haben.

Stammen daher auch die globalen Unterschiede in den Anwendungsfeldern?

Das hat häufig mit der Forschungsfinanzierung zu tun. In den USA zum Beispiel investiert die Armee viel in Robotik. In Japan war es zunächst die Industrie, dadurch wird mehr im Konsumentenbereich entwickelt. Wobei insgesamt das Wachstum des Segments im Servicebereich nicht ganz so schnell ist, wie man dachte. Der Staubsaugerroboter Roomba ist eine Erfolgsstory, die relativ einzigartig geblieben ist.

Wieso ausgerechnet ein Staubsauberroboter?

Weil er einen klar definierten Nutzen hat. Er macht das, was er tun soll, und die Nutzer erwarten von ihm auch kein unglaublich fortschrittliches Verhalten. Die Lehre daraus für alle Entwickler muss folgende Frage sein: Wo lassen sich existierende technische Fähigkeiten gut verknüpfen mit dem, was der Mensch gerade benötigt? Schon vor Jahrzehnten hatte man in der Logistik die Vision der Lights-out-Factory, der robotergesteuerten Fabrik – das wird vermutlich so nicht kommen.

Stattdessen arbeiten Mensch und Roboter Hand in Hand.

Die entscheidende Herausforderung ist immer: Wie verheiraten wir die Stärken eines Roboters mit denen eines Menschen? Kollaboration wird das Stichwort der Zukunft.

Dafür aber müssen Roboter lernen, Menschen korrekt zu interpretieren …

Smart Speaker verstehen Kinder oft nicht, weil Kinder anders sprechen als Erwachsene. Wir haben am Institut gerade ein Forschungsprojekt für Robotereinsätze mit älteren Menschen, also zum Beispiel zum Einsatz in der Pflege. Auch Senioren sprechen anders als junge Erwachsene. Ingenieure und Entwickler müssen da umdenken. Früher wurden Roboter an den zehn Mitarbeitenden im Labor getestet. Aber damit entwickelt man möglicherweise an der Zielgruppe vorbei. Wenn wir von Roboter-Mensch-Interaktion sprechen, sollten frühzeitig die richtigen Fragen gestellt werden: Was soll der Roboter können? Was sind die Ziele? Die Limits? Und aus welchen Daten speist der Roboter sein Wissen? Sonst besteht die Gefahr, dass ganze gesellschaftliche Gruppen ausgeschlossen werden.

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Wir werden künftigen Generationen beibringen müssen: Diese Maschinen sind keine Menschen, auch wenn sie Emotionen simulieren!

Braucht der Roboter Emotionen, um kommunizieren zu können?

Das ist eine spannende Frage, weil wir Menschen ständig und unterbewusst Emotionen in Dinge interpretieren. Wenn ein Roboter darauf programmiert ist, auf eine Lichtquelle zuzusteuern, reagieren Beobachter mit Sätzen wie: „Oh, er mag Licht!“ Wenn Roboter also Emotionen zeigen, hilft das bei der Interaktion mit Menschen. Ein Lieferroboter, der langsamer wird, wenn er auf Sie zukommt, demonstriert dadurch Vorsicht. Menschen verstehen solche Signale. Wir müssen aber auch nicht alles reproduzieren, was Menschen können. Vielleicht hilft es in bestimmten Situationen auch, wenn Roboter eben keine Emotionen haben.

Ist es ein Problem, dass wir Robotern Emotionen zuschreiben?

Das kommt darauf an. Wenn ältere Menschen, die allein sind, ihrem Haustier-Roboter „Paro“ Gefühle zuschreiben, halte ich das nicht für schlimm. Dafür sind sie ja entwickelt worden: für den positiven Effekt, Freude zu teilen. Dass wir Dinge vermenschlichen, ist ein Reflex, der uns hilft, sozial zu sein. Ein Problem wird es aber zum Beispiel, wenn Soldaten ihre Roboter, die für die Bombenentschärfung vorgeschickt werden, vermenschlichen. Und sich dann selbst in Gefahr bringen. Solches Verhalten wurde schon beobachtet. Da werden wir künftigen Generationen beibringen müssen: Diese Maschinen sind keine Menschen, auch wenn sie Emotionen simulieren!

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Paro-Roboter

Abbildung einer Babyrobbe

Der Paro ist ein robbenähnlicher Roboter, der vor rund 30 Jahren in Japan entwickelt wurde. Er verfügt unter seinem Fell über Sensoren, mit denen er wahrnimmt, ob er hochgenommen oder gestreichelt wird. Der Roboter reagiert auf diese Impulse mit Geräuschen und Bewegungen. Diese Art der Interaktion lässt sich für therapeutische Zwecke nutzen, beispielsweise bei der Behandlung von Demenzkranken. Paro greift damit die positiven Erfahrungen auf, die aus der tiergestützten Therapie bekannt sind. Studien belegen zudem, dass Paro nicht nur das Gefühl von Einsamkeit verringert, sondern auch die Beziehungen zwischen Bewohnern von Pflegeheimen stimuliert. Er ist seit 2006 in Japan und seit 2009 in den USA erhältlich. In Deutschland setzen einige Pflegeeinrichtungen auf seine Dienste.

Hat unsere Gesellschaft eine falsche Vorstellung von der Zukunft der Roboter?

Es gibt auf jeden Fall sehr verschiedene Vorstellungen. Die eine ist geprägt von Filmen und Büchern. Eine Zukunft, in der Roboter als Individuen herumlaufen. Aktuell sind sie aber sehr limitiert. Die Eingangsfrage, mit der wir gestartet sind, beschreibt ja eine komplexe Herausforderung: die Interaktion mit der Umwelt. Wir werden noch lange nicht so weit sein, dass Roboter in Menschengestalt herumlaufen und mit den unzähligen Unsicherheitsfaktoren eines Stadtzentrums interagieren können. Es gibt aber eine Zukunft, in der Robotertechnologie in vielen Alltagsdingen implementiert ist, und die ist quasi schon da. Wir haben keine Roboter wie aus dem Film „I, Robot“. Aber Lieferroboter – die sind real.

Ihre Vision für die Roboterzukunft?

Heiter, hoffentlich. Und dass der Fokus dabei auf uns Menschen und der Gesellschaft liegt. Was wollen wir mit der Technologie bewirken? Das ist wichtig, damit wir darauf Gesetze und Regeln aufbauen können. Und wie kann uns Robotik helfen, unser Leben zu verbessern? Sozial, wirtschaftlich, psychologisch. Dazu sollte Technologie da sein. Nicht zum Selbstzweck.


Dieser Beitrag stammt aus unserem Unternehmensmagazin „ESSENTIAL“, in dem wir kontinuierlich über Trends und Schwerpunktthemen aus unseren Zielindustrien und -märkten berichten. Weitere Beiträge des Magazins finden Sie hier.

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